Die Geschichte der Bürstenbinderei
Die Geschichte der Bürstenbinderei Zum Vortrag am 3. März war Reinhold Rottenbiller aus Fichtenberg angereist. Auf zwei Tischen hatte er eine Vielzahl an unterschiedlichsten Bürsten aufgereiht und manches Teil warf Fragen auf, für was es wohl genutzt wird. Zunächst erzählte der humorvolle Bürstenbinder aus seiner kurvigen Biographie und wie er auf Umwegen zur Bürstenbinderei gekommen ist. Viel Wissen, das die Großelterngeneration noch über Bürsten hatte, geht mehr und mehr verloren. Um dem entgegenzuwirken ist er im Winter viel unterwegs, um über Vorträge die Bürstenbinderei und deren Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Im Sommer ist er auf Gartenschauen zu finden, wo er seine Bürsten ausstellt und sein Handwerk zeigt. Nicht für jeden Zweck ist jedes Haar zu verwenden. Für Besen und Handfeger z. B. wird Rosshaar verarbeitet, die durchaus 30 und mehr Jahre treue Dienste leisten. Ein Besen aus Rosshaar zeichnet sich auch durch den sogenannten Memory-Effekt aus. Wurden die Besenhaare z. B. durch Belastung platt gedrückt, können die Haare in warmem Wasser ihre Ursprungsform wieder erhalten. Hat man jedoch einen Feger aus Ziegenhaar, der sehr gut geeignet ist um Staub aufzunehmen, so darf dieser auf keinen Fall nass werden. Und wer eine Bürste aus Ziegenhaar besitzt kann sich sicher sein, dass dies ein Handwerksprodukt ist, denn diese können nicht maschinell verarbeitet werden. Neben Ross- und Ziegenhaar werden auch Schweineborsten verarbeitet. Und so nebenher erklärt der Referent, dass Haare an allen Stellen gleich dick sind, während Borsten vom Wurzel- bzw. Spitzenansatz zur Mitte hin dicker und sichelförmig werden. Überhaupt ist die Vorbereitung von Borsten mit großem Aufwand verbunden, bis sie in die Bürstenhölzer eingezogen werden können. Vom Waschen, über bündeln, umwickeln, kochen, aufbinden, sortieren, wieder umwickeln, kochen und aufbinden und in die „richtige“ Richtung legen, nach Länge sortieren und schließlich gerade schneiden gehen die Borsten vielmals durch die Hände der Zurichter. Halten wir also eine Schweineborstenbürste in den Händen kann uns bewusst werden, mit wie viel Aufwand diese entstanden ist. Man erahnt, dass das Bürstenbinden nicht nur eine Arbeit ist, sondern dass viel Freude zum Detail, Liebe zu Beruf und Material dazu beiträgt, dass praktische und schöne Produkte entstehen. So liegen auf seinem Ausstellungstisch Bürsten mit Gesichtern, zweifarbig gebundene Besen, sichelförmige „Staubfänger“, Wedel für Decken und Friese, Bürsten für Schuhe und Gemüse, Exklusivteile für Zähne und Dekantierkaraffen, schmale Flaschenbürsten, breite Schrankfeger, Rasier- und Backpinsel und vieles mehr. Und weil der findige Bürstenbinder nahe bei seinen Kunden ist, erfindet er auch selbst einen praktischen Pilzpinsel oder eine Bürste zur Reinigung der Wasserarmaturen, um seine Putzfee zu unterstützen. Mit seinem reichen Wissen über die verschiedenen Bürsten und deren besonderen Materialien gab Herr Rottenbiller einen reichen Schatz an die Landfrauen weiter und auch das Bewusstsein, dass eine handgemachte Bürste in jedem Fall „ihr Geld wert“ ist!
Simone Joos